Vor einiger Zeit besuchte ich die Mai 36 Galerie, um mehr über einen Bereich zu erfahren, in dem ich mich bis dato nur wenig auskannte: dem Galerie-Business. Ein Gespräch sollte Kenntnisse dazu bringen: Zu diesem Zweck habe ich mich mit Victor Gisler getroffen, dem Gründer der Mai 36 Galerie und einer der erfolgreichsten Schweizer Galeristen mit einer 30-jährigen Geschichte und einer in der Rämistrasse Zürich ansässigen Galerie.
Wie wird man ein erfolgreicher Galerist?
Es braucht die Fähigkeit, verschiedene Hüte zu tragen, in verschiedenen Situationen, und das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Wie in anderen Bereichen natürlich auch. Ich glaube nicht, dass man Galerist sein nur erlernen kann. Es sind ganz verschiedene Faktoren, die dazu beitragen. Leidenschaft, Engagement und eine Vision bilden den Grundstein.
Was ist für dich gute Kunst?
Für mich persönlich enthält gute Kunst: Ideen, visuelle Umsetzungen, die mich zu einer Erkenntnis bringen vermögen, durch die ich mich irgendwie hinbegebe und deren Resultat zeitlos ist. Schöpfungen welche mir das Gefühl geben, dass sie ohne eingeengte Zeit lesbar sind. Das ist eigentlich wie ein Gegenstand, in den man immer wieder sich reinschauen kann. Sei es eine Vase, sei es ein Tisch, sei es ein Stuhl, ein Bild, eine Fotografie, eine Skulptur welche in ihrer Zeit gemacht worden ist. Es gibt wunderbare Dinge, die sind zeitlos. Für mich ist gute Kunst authentisch, eigenständig, innovativ und wirkt aus sich selbst heraus intensiv und entwickelt eine starke Präsenz. Mich interessiert in der Kunst nicht das schon Bekannte, es ist das Unbekannte, das Unglaubliche, das noch nie Gesehene, die Überraschung und das Verrückte.
Wie sieht ein Alltag im Leben von Victor Gisler aus?
Neben den verschiedenen Terminen, die eingehalten werden sollen, mit den Mitarbeitern in der Galerie, mit Künstlern et cetera, sieht der Alltag so aus wie in vielen anderen Berufen heute auch. Da ist morgens zuerst einmal eine Flut von E-Mails, die man durchgehen muss, und verschiedene Baustellen welche die Aufmerksamkeit fordern. Sei es, dass man eine Messe abgeschlossen hat oder eine Teilnahme vorbereitet. Auch dass man eine Ausstellung abgeschlossen hat oder eine Ausstellung aufbaut. Wenn man über 30 Künstler betreut, teils lebende,teils Nachlässe, zusammen mit dem Galerieteam, hat man permanent Dringlichkeiten, die in der Woche erledigt werden müssen, oder deren Planung und Umsetzung ansteht. Hinzu kommen tägliche Telefonate in verschiedenen Sprachen, und dann auch die Besucher der Galerie. Hier muss man die Offenheit und den Willen besitzen, die Leute zu empfangen und sie durch die Ausstellung zu führen. Mein Alltag ist sehr vielschichtig. Er ist spannend. Er wirft manchmal einen kleinen Lohn ab. Man verkauft ja nicht jeden Tag Kunstwerke. Es gibt oft Wochen, in denen man dürstet, in denen man denkt, was macht man eigentlich. Die Ausstellung ist wunderbar., die Leute kaufen nicht, niemand kommt in die Galerie. Und dann gibt es wieder Phasen, in denen man praktisch überrannt wird.
Inwiefern glaubst du, dass Kunstmessen, wie zum Beispiel die Art Basel, den Zugang zur Kunst, unser Verhältnis zur Kunst oder das Kaufverhalten verändern?
Die Messen haben das Kaufverhalten in den letzten 50 Jahren verändert. Die Messe Basel wird jetzt 50 Jahre alt. Früher ist es so gewesen, dass Kunstinteressierte eine Galerie-Beziehung eingingen, die wurde aufgebaut. Der Galerist hat sich Mühe gegeben, ein Beziehungsgeflecht aufzubauen mit den Künstlern und den Kunstinteressierten. Man besuchte die Ausstellungen, sei es in die Galerien, sei es in die Museen. Und der Kontakt wurde per Telefon oder persönlich gepflegt und die Verkäufe getätigt. Heute, mit den Kunstmessen um den Globus, Internet und social media, und weniger mit der Galerie als Ausstellungs-, und Besuchsort, dienen die Kunstmesse vielen, vielen Menschen als soziale Plattform. Man trifft sich da und möchte agieren. Es entsteht eine Spannung und Erwartung. Man besucht erstmal die Stände von fünf, zehn, zwanzig Galeristen, die man kennt. Man wird da umworben. Und in der kurzen Zeit, die eine Kunstmesse läuft, meistens sind es ja die ersten Tage, in denen sich jemand, der als VIP-Gast geladen ist, dort aufhält, kommt Druck auf, Lust das Angebot zu prüfen und für den Kauf geworben. Oft kann es ein schnelles Kaufen sein, das vielleicht im Nachhinein bedauert wird. Oft ist es auch ein Nichtkaufen, das bedauert wird, weil das Werk dann vielleicht am Wochenende verkauft worden ist. Insofern hat sich der Druck, hat sich die Konzentration für das Kunstpublikum mit den Kunstmessen verändert und natürlich versammelt eine Kunstmesse wie Basel, zigtausend Kunstliebhaber aus der ganzen Welt für ein paar Tage an einen Ort.
Erzähl mir bitte etwas mehr über die Anfänge in Luzern. Was war der Grund, warum du nach Zürich gezogen bist?
In Luzern hatten wir unsere erste Galerie, so fünf, sechs Jahre. Dann war es einfach zu provinziell in Luzern. Ich habe anfangs gedacht, es spielt keine Rolle, wo man etwas machst, Hauptsache, du baust ein Beziehungsnetz auf, die Leute kennen dich, du bist professionell, du bist international, du bist unterwegs, du bist am Geschehen. Das stimmte für Luzern so nicht. Schon bei den ersten Messeteilnahmen ist Sammlern aufgefallen, woher wir kamen: Luzern, so eine Galerie in Luzern fragten welche sich. Wo ist Luzern?. Und dann sind Kunstinteressierte auf mich zugekommen aus Basel und aus Zürich, die gesagt haben, so eine Galerie würden sie gerne in ihrer Stadt haben. Selbstverständlich war in Luzern das Sammlerpotential zu klein. Wir hatten vielleicht zwei regelmässige Kunden in Luzern.
Es gab seriöse Überlegungen, in Basel eine Galerie zu eröffnen. Und dann entschieden wir uns für Zürich. Ein Kunde aus Zürich hatte ein Haus mit einem frei gewordenen Raum und hat uns diesen Raum angeboten. Und dann haben wir diesen Raum an der Dufourstrasse bespielt. Etwas später wurde die Kunsthalle Zürich gegründet, und es gab Überlegungen, in die Nähe des damaligen Schöller Areals zu ziehen. Aber dann kam erneut ein Kunde auf uns zu und hat uns an der Rämistrasse ein Lokal angeboten, welches zu einer Galerie umgestaltet werden könnte.
Wie es halt ist im Leben. Man verhält sich offen, man diskutiert, man bekommt etwas angeboten und nimmt die Chance, oder man nimmt sie nicht und wartet auf die nächste, oder es kommt nichts mehr.
Es war keine Strategie dahinter …
Luzern ergab sich rein aus der Situation heraus, dass ich damals dort lebte und angefragt worden bin, für ein Gebäude ein Nutzungskonzept zu erstellen. Und dass ich an der Kunst interessiert bin, am Design, der Literatur oder Film. Damals habe ich auch in einem Laientheater mitgewirkt. Ich bin interessiert an den schönen Dingen, dem für mich Interessanten. Dass es Luzern geworden ist, liegt rein daran, dass ich damals die Räumlichkeiten in Luzern vorgefunden habe und dass ich eine Idee für eine Galerie hatte. Und dann habe ich aus der Vision, die ich zunächst gar nicht für mich selber gesehen hatte, mein Leben als Galerist begonnen.
Welchen Einfluss hast du als Galerist auf deine Künstler oder die Künstler, die du vertrittst? Zum Beispiel, was den kreativen Freiraum angeht oder das Schaffen. Also wie schaffst du mit den Künstlern zusammen?
In Bezug auf die Kreativität denke ich, dass ich überhaupt keinen Einfluss auf die Künstlerinnen und Künstler nehmen kann. Entweder ist etwas da oder es ist gerade keine Idee da. Ich gehe nicht in die Ateliers und sage, macht etwas, dass schon mal in Gelb gemacht wurde, jetzt in Grün oder in Rot. Es ist so, dass ich die Werke mir anschaue und dass ich über das Reflektieren und Interpretieren, Diskutieren vielleicht das eine oder andere auf den Weg bringen kann als Anstoss, welche die Künstlerinnen und Künstler aufnehmen oder verwerfen können. In direkter Art und Weise besteht meine Einflussnahme auf ein geschaffenes Objekt, ein Bild, eine Fotografie et cetera darin, dass man sich über deren Rahmung, über die Grösse etwa in der Fotografie oder deren Auflage oder das Problem des Sockels für eine Skulptur also über gewisse technische Dinge, rege austauscht. Im Vordergrund steht eine inhaltliche und werkspezifische Auseinandersetzung. Es ist nicht so, dass ich dem Maler sagen würde, es ist vielleicht gescheiter, du machst jetzt eine Produktionsstrasse von Bildern im Format 30 mal 40 cm in dieser Farbe, 50 mal 60 cm in jener Farbe und 70 mal 80 cm schwarz-weiss, das können wir alles in den nächsten zehn Jahren verkaufen.
Wenn vom Künstler selber eine Anfrage kommt: „Was meinst du, wie würdest du das sehen?“, dann kann ich mit meiner Erfahrung oder mit meinen Ideen darauf eingehen und wir diskutieren diesen merkantilen oder technischen Aspekt. Aber was den künstlerischen, den schöpferischen Akt angeht, mache ich gar keine Vorschläge. Im Gegenteil. Es ist so, dass ich zuhöre und die Probleme mir vergegenwärtige, hier habe ich dann verschiedene Hüte auf. Auf der einen Seite bin ich ein Vermittler des Werkes, ein Komplize. Auf der anderen Seite bin ich jemand, der auch merkantil für die Künstlerin, den Künstler schauen muss. Dann bin ich auch jemand, der für sie da ist, bei dem sie ihre Enttäuschungen abladen können. Im Negativen wie im Positiven ist es eine enge Zusammenarbeit wo viel Gefühl, Engagement, Haltung und wirtschaftliches Denken angezeigt ist.
Man muss im Endeffekt ja auch verkaufen …
Ja. Meine Arbeit verlangt nach einer Balance. Der Verkauf zählt viel für beide Seiten, im Englischen würde man diese mit „show, tell and sell“ beschreiben. Und es ist ein „People-to-People-Business“. Die Künstlerin, der Künstler lässt sich mit dem Galeristen und seiner Galerie und dessen Umfeld ein. Und die Kunstinteressierten, der Galerist, die Mitarbeiter mit dem Künstler und seinem Umfeld. Das ist der Anfang. Wenn das gut funktioniert, zieht dies weitere Kreise. Hierzu kommen Kuratoren und Museen, Kunstinteressierte, eventuell Käufer, Freunde et cetera dazu. Auch hier ist es wieder sehr People-to-People-bezogen. Daraus kann etwas entstehen. Aber es kann auch sofort das Ende bedeuten, weil die Akteure nicht miteinander können. Die Gründe können verschieden sein. Und ich muss, und ich werde jetzt etwas „oldschool, hinzufügen, dass die Galerietätigkeit letztendlich eine kulturelle Tätigkeit ist. Wenn es irgendwo im Orbit Lebewesen gäbe, welche uns beobachten was wir auf unserer Erde tun, wird unser gesamtes Schaffen als unsere Kultur wahrgenommen. Und ein Teil davon ist auch diese „Schöpfung“, die wir Kunst nennen. Die Kunst besitzt die Möglichkeit des Erkenntnisgewinns. Sie wird vom Menschen für Menschen gemacht. Und wenn Werke, wie gesagt, gut und zeitlos bleiben, dann gibt es vielleicht in einer Generation nach mir jemanden, der das gleiche Werk welches wir heute bestaunen in seiner Zeit betrachtet und ebenso begeistert davon ist und dieses Werk bei ihm Emotionen auslösen vermag.
Dies darf man als Galerist nicht vergessen, weil ich glaube, nur der Verkauf von Werken als Ziel der Galerietätigkeit wäre zu kurz gedacht. Der Kunsthändler hingegen kauft oder erhält aus Privatbesitz Werke für die es eine Nachfrage gibt und er verschiebt diese. Der Galerist ist von Anfang an dabei und hilft die Karriere des Künstlers aufzubauen, indem er Zeit investiert, sehr, sehr viele Dinge macht, die man nicht aufrechnen kann und erhält dafür eine Kommission vom Künstler. Der Galerist weiss nicht, ob ihn dieser Künstler eines Tages verlässt oder eines Tages eine Relevanz hat, ob dieser Künstler auch wirtschaftlich ein Auskommen für beide Seiten generieren kann. Das weiss man alles nicht, wenn man anfängt. Man hat einfach so ein Gefühl dafür, oder man hat eine idealistische Idee.
Inwiefern spielen Kunstpreise bei jungen Künstlern, die du in die Galerie aufnimmst, eine Rolle? Oder auf was achtest du persönlich?
Es gibt verschiedene Netzwerke hierzu. Das eine ist natürlich, man geht hin, man schaut sich Vieles an. Andererseits: Ich mache das jetzt natürlich auch schon eine lange, lange Zeit, und da wird auch das eine oder andere zugetragen. Bei mir zum Beispiel besteht ein grosses Interesse für verschiedene Kulturen der Welt. Es ist nicht so, dass ich mich nur auf Schweizer Kunst oder auf amerikanische Kunst oder auf deutsche Kunst festlege. Will heissen, das Feld wird viel, viel offener, und es wird auch für mich persönlich etwas spannender.
Es wird natürlich auch schwieriger, weil ich in sehr, sehr viel sehe und ich immer wieder abwägen muss, was ich überhaupt tun kann für einen jungen Künstler. Erhält eine junge Künstlerin, ein junger Künstler einen Preis, und dieser Preis führt zu einer Ausstellung durch die man einen Katalog finanzieren kann, dann sind Kunstpreise wirklich sehr, sehr wichtige Hilfen. Sie bilden grosse Stützen in der frühen Phase der Karriere dieser Künstlerin oder dieses Künstlers. Und klar, man kann und soll sich darauf nicht sehr viel einbilden. Der Preis ist eine Wertschätzung. Man muss auch immer eine gewisse Demut haben. Es gibt Künstler, die haben viele Preise in jungen Jahren bekommen, aber aus dem grossen Talent wurde trotzdem keine künstlerische Karriere. Und es gibt Kunstschaffende, die sind ohne Akademieausbildung heute bekannte Künstler, die etwas geschaffen haben oder etwas schaffen, das relevant ist für die jetzige Zeit. Nie haben sie vielleicht einen Preis bekommen. Es gibt absolut alles. Ich finde es extrem wichtig, dass die Gesellschaft und die Kulturpolitik für die Künstlerinnen und Künstler durch einem Preis eine Möglichkeit bietet, diese zu unterstützen.
Es gibt auch Modelle wie früher in Holland. Der holländische Staat hatte die Künstler finanziell unterstützt und der Künstler übergab viele seiner Werke den holländischen Museen dafür. Es war nicht so ein merkantiler Überlebenskampf für die Künstler wie in anderen Märkten. Aber es führte auch dazu, dass die internationale Relevanz und Aufmerksamkeit verloren ging und kaum Sammler entstanden. Irgendwie haben sich die Galerien in Holland nicht so stark entwickeln können wie anderswo damals.
Hast du irgendwelche Tipps, die du Junggaleristen mit auf den Weg geben möchtest?
Heute gilt es zu wissen, ob man in der Kunst-Industrie sein will. Ist es das, was man machen will, sich hier behaupten. Dann sollte man, weil sich das Rad nicht zurückdrehen lässt, die Bedingungen der Kunst-Industrie heute kennen und durchlaufen. Wenn man nein sagt, ich mache das nicht dafür, sondern weil es ist mein ganz privates, mein ganz idealistisches Engagement ist, da gebe ich alles rein, und ich bin bereit auch grosse Verluste einzugehen und tilge diese dann irgendwie, sei es über ererbtes Geld oder andere Einkünfte ist das eine ganz andere Geschichte. Bei beiden Modellen ist es jedoch so, dass Ausdauer notwendig ist und dass man seine Idee zum Tragen bringt. Passion, Engagement und Leidenschaft hineingibt. Aber auch dann kann es sein, dass grosse Schwierigkeiten kommen, sei es, weil wirtschaftlich magere Galeriejahre herrschen oder weil einem die finanziell erfolgreichen Künstler von einer anderen Galerie abgeworben werden. Dass man die eigene Enttäuschung und den Frust nicht demütig über die Tatsache stellt, dass man die Galerietätigkeit erfolgreich gestalten kann, ist schwierig aber sollte immer vor Augen sein. Eine Galerie aufzubauen und über viele Jahre zu betreiben ist ein sehr, sehr langer Weg.
Wie empfindest du den heutigen Kunstmarkt im Vergleich zu dem vor 30 Jahren?
Wie erwähnt, heute leben wir in einer Kunstindustrie. Heute haben wir führende Galerien mit 100 bis 200 Mitarbeitern, verteilt auf verschiedene Standorte und Kontinente. Diese kümmern sich nicht um 35 künstlerische Positionen, diese Galerien haben etwa 80 und mehr Künstler. Das bedeutet, dass diese Grossgalerien ein Spektrum von fast hundert Jahren künstlerischer Produktion anbieten. Das künstlerische Programm beginnt vielleicht in der klassischen Moderne und spannt den Bogen bis zu derzeit angesagtesten zeitgenössischen Künstlern, welche auf Auktionen Spitzenpreise erzielen.
Zu erwähnen gilt es auch die „Banked Art“, also Kunst, die für sehr viel Geld gehandelt wird, ähnlich wie Wertpapiere oder Gold. Die gab es vorher nicht in dem Sinne. Heute ist eine Arbeit von Gerhard Richter viel Geld durch den globalen Kunstmarkt. Ob das dann für ewig so bleibt, wissen wir nicht. Aber ich denke, dies wird sich nicht so gross verändern. Kaum vorstellbar, dass plötzlich Gerhard Richter niemand mehr möchte. Das Ineinandergehen von Kunst und Konsum in der Konsumgesellschaft, die Spekulation mit Gegenwartskunst, das Durchdringen von Kunst in allen Ebenen unser westlichen Gesellschaft, das gab es früher nicht. Zeitgenössische Kunst war früher vielleicht eher was für eine kleine Gruppe Leute, die das interessierte. Das waren wenige Sammler und Mäzene.. Und heute ist es fast schon so, dass Kunst in unserer Gesellschaft eine Norm ist. Die Menschen haben vielleicht die Idee von Kunst nicht genau für sich formuliert, aber zumindest haben sie das Gefühl, sie müssen etwas dazu sagen können oder sie müssen etwas darüber wissen. Das gab es früher so nicht. Die Kunst ist gesellschaftsfähig breit und relevant geworden. Und ich würde sogar sagen, dass auch viele Unternehmen, Schulen et cetera sich der Kunsterziehung und der Kunstbildung hingeben. Das ist alles positiv.
Liest du zurzeit irgendein Buch? Und gibt es irgendein Buch, das dich ein bisschen geprägt hat in deiner bisherigen Galeristen-Laufbahn?
Ich lese immer Geschichten parallel. Im Moment lese ich ein Buch, in dem es um eine Vater-Sohn-Beziehung geht. Es geht um Odysseus und die Erkenntnis daraus.
Ein anderes Buch, das ich parallel lese, skizziert die wirtschaftliche Entwicklung von Asien. Das ist jetzt mein drittes Buch zu diesem Thema. Die ganze künftige Entwicklung in Asien mit der Verwendung von künstliche Intelligenz, Blockchain. Einfach Themen, die heute halt anstehen. Neulich habe ich ein kleines Buch fertig gelesen. Es handelte von der Galerie von morgen. Was sind die Probleme, wo steht man heute mit einer Galerie. Das war aus der Sicht einer operativ kleineren Galerie geschrieben. Das war wenig Neues für mich aber nicht uninteressant.
Zu Beginn meiner Galeristentätigkeit habe ich sehr viele Biografien über bedeutende Kunsthändler und Galeristen gelesen aus der Zeit der Moderne. Ich bin immer noch fasziniert davon, was viele dieser Personen bewegen konnten.
Herzlichen Dank für das spannende Gespräch, lieber Victor!

Ausstellungen
Galerie:
Jacobo Castellano
24. Januar bis 21. März 2020
Combing Grounds
Showroom:
Gruppenausstellung
Peter Hujar Paul Thek
24. Januar bis 21. März 2020
Peter Hujar & Paul Thek
Kunstmesse:
ARCO Madrid 2020
John Baldessari, Stephan Balkenhol, Pedro Cabrita Reis, Jacobo Castellano, Flavio Garciandía, Luigi Ghirri, Robert Mapplethorpe, Jorge Méndez Blake, Matt Mullican, Michel Pérez Pollo, Glen Rubsamen, Thomas Ruff, Albrecht Schnider
26. Februar bis 01. März 2020
Adresse
Mai 36 Galerie
Rämistrasse 37, 8001 Zürich