Cyprien Gaillard. Roots Canal
16. Februar – 5. Mai 2019
- Cyprien Gaillard, KOE, 2015 (Filmstill) © Cyprien Gaillard, Courtesy the artist, Sprüth Magers and Gladstone Gallery
- Cyprien Gaillard, Captain Blood’s Moorhen, 2013
78,7 x 94 x 111,8 cm © Cyprien Gaillard; Courtesy Sprüth Magers & Gladstone Gallery
Aufgenommen und fortgesetzt wird dieser Gedankengang durch die Bilderreihe Sober City (2015): Die Polaroidfotos in der für sie typischen bescheidenen Grösse sind doppelt belichtet: Ansichten von New York überlagern Aufnahmen eines Amethystfragments aus dem New Yorker Naturkundemuseum.
Durch die Verschmelzung der beiden Motive und die doppelte Belichtung wirken die Bilder so, als seien sie durch ein Prisma aufgenommen. Ein Gebäude, ein Bus, eine Skulptur oder ein Baum – die urbanen Komponenten sind kaum noch erkennbar. Beim Betrachten scheinen sie nach und nach zu kristallisieren. Durch die Aufnahme auf Polaroidpapier, einem fragilen, vergänglichen und mit der Zeit verblassenden Trägermedium, und die Auswahl der Motive spiegeln die Sober Cities die kontinuierliche Metamorphose der Stadt wider.
Mit KOE (2015) schliesst eine grossformatige, wandfüllende Projektion einer Videoaufnahme eines Schwarms exotischer Vögel über den Einkaufsstrassen von Düsseldorf an. Die geflügelten Besucher, ursprünglich in Asien beheimatete Halsbandsittiche, fliegen vorbei an edlen Geschäften und zwischen moderner Architektur hindurch, unter sich die permanente Baustelle, als die sich das Stadtzentrum präsentiert. Das Grün ihres Gefieders zeichnet die anachronistischen Linien nach, die eine hyperästhetisierte, innerstädtische Welt von morgen kennzeichnen, geprägt von Luxusmarken, ätherischen Gebäuden und omnipräsentem Konsum.
Der Halsbandsittich kam einst als Käfigvogel in unsere Breitengrade und hat mittlerweile in mehreren europäischen Städten neue Lebensräume für sich entdeckt. Sein attraktives Äusseres lässt leicht vergessen, dass es sich dabei um eine invasive Art handelt, die einheimische Ökosysteme gefährdet.

Wie in den anderen Werken der Ausstellung ersinnt Cyprien Gaillard auch hier aus ungleichen, sogar gegensätzlichen Fragmenten ein neue Erzählung. In dieser vermischen sich Anekdoten mit Geschichte und Stadt. Natur und Mensch koexistieren in einem gemeinsamen nicht linearen Raum-Zeit-Gefüge.
Cyprien Gaillard zeigt Transformationsprozesse unserer Lebenswelten
in berauschenden Bildern: zu sehen im Museum Tinguely vom 16. Februar bis 5. Mai 2019. Kuratorin der Ausstellung ist Séverine Fromaigeat.